Wer haftet bei einem Parkverstoß? Die neuste BVerfG-Rechtsprechung!
Wer haftet bei einem Parkverstoß? Diese Frage beschäftigt viele Fahrzeughalter in Deutschland. Während in anderen Ländern oft der Halter eines Fahrzeugs pauschal für Verkehrsverstöße verantwortlich gemacht wird, gilt hierzulande grundsätzlich die Haftung des Fahrers. Doch gerade bei Parkverstößen wird dieses Prinzip regelmäßig durchbrochen, um Bußgelder einfacher zu vollstrecken. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat sich nun erstmals ausführlich mit diesem Thema befasst und eine richtungsweisende Entscheidung getroffen. In unserem Beitrag erfahren Sie alles Wichtige.
Warum in Deutschland das Prinzip der Fahrzeugführerhaftung giltIn Deutschland basiert das rechtliche System schon immer klar auf dem Prinzip „keine Strafe ohne Schuld“. Besonders im Kontext der Halterhaftung wird dieses Prinzip jedoch untergraben, da die reine Haltereigenschaft keine Schlüsse auf den tatsächlichen Fahrer zulässt. Die grundrechtlich garantierte Unschuldsvermutung lässt sich aus diesem Grund nur durch eine Fahrzeugführerhaftung umsetzen. Dies führt jedoch dazu, dass bei einem Verstoß zunächst der wirkliche Fahrer ermittelt werden muss.
Während bei kleineren Verwarngeldbeträgen unter 60 Euro eine sofortige Zahlung ohne Gebühren und ohne zusätzliche Fahrerermittlung möglich ist, wird bei Bußgeldern zunächst der Fahrer ermittelt. Sollte dies seitens der ermittelnden Behörden nicht erfolgreich sein, so wurde in der Vergangenheit häufig direkt der Halter belangt. Nach § 25a Abs. 1 StVG ist dies auch möglich, sofern der Fahrer nicht oder nur unter unangemessenem Aufwand ermittelt werden kann. Genau zu diesen Grenzen und zur damit verbundenen Auswirkung auf den Halter gab es im Mai 2024 eine aktuelle BVerfG-Entscheidung.
Wer haftet nun konkret für einen Parkverstoß?
Ganz so einfach wie zunächst angenommen, wird die Beurteilung des Sachverhalts nicht. Das Konzept der Fahrzeugführerhaftung bleibt bestehen und auch der Halter kann nach wie vor in Ausnahmen für das Verhalten des nicht ermittelbaren Fahrers in Rechenschaft gezogen werden. Dennoch wurde im Urteil des Bundesverfassungsgerichts deutlich, dass auf eine Ermittlung des Fahrers nicht gänzlich verzichtet werden darf. Somit dürften die Strafverfolgungsbehörden zukünftig mehr zu tun haben.
Doch warum sieht das BVerfG in der bisherigen Anwendung und in der Entscheidung des Amtsgerichts einen Rechtsverstoß? Die Entscheidung des Gerichts basiert darauf, dass die bloße Haltereigenschaft keine ausreichende Verurteilungsgrundlage darstellen kann. Ohne den Nachweis einer Beteiligung des Halters gilt auch im Rahmen von Ordnungswidrigkeiten die Unschuldsvermutung aus dem Strafrecht.
Diese Auswirkungen hat das Urteil in der Praxis
Besonders im öffentlichen Verkehrsraum dürfte das Urteil daher nicht zu großen Neuerungen führen. In vielen Städten und Gemeinden ist es bereits lange gängige Praxis, nach einer erfolglosen Ermittlung des Fahrzeugführers nur die Verfahrenskosten zu berechnen. Kommt dies bei einem Fahrzeughalter aber häufiger vor, lässt sich zur zweifelsfreien Nachweisbarkeit in Zukunft ein Fahrtenbuch anordnen.
Im privaten Bereich könnten die Folgen des Urteils jedoch weitreichend sein. Die mittlerweile weit auf Supermarktparkplätzen oder auf anderen Stellflächen gängige Praxis, bei dem der Halter Post vom Parkplatzbetreiber erhält, erscheint unter den neuen Gesichtspunkten problematisch. Schließlich drohen hier keine negativen Folgen, wenn bei der Fahrerermittlung nicht kooperiert wird. Es besteht von privater Seite keine Möglichkeit, bei mangelnder Ermittlung eine Fahrtenbuchauflage anzuordnen.
Parkverstoß und Punkte - gilt die Entscheidung auch hier?
Mit der 2021er-Novelle der StVO sind für viele Parkverstöße erstmals auch Punkte in Flensburg Teil des Bußgeldkatalogs geworden. In diesem Kontext stellt sich die Frage, ob der Grundsatz der zuvor notwendigen Fahrerermittlung auch in diesem Kontext gilt. Für die folgenden Vergehen beim Parken drohen seit 2021 im ruhenden Verkehr auch ein Punkt in Flensburg und die zusätzliche Bußgeldgebühr:
- Parken auf Geh- oder Radweg mit Behinderung - 70 Euro + 1 Punkt
- Parken auf Geh- oder Radweg mit Gefährdung - 80 Euro + 1 Punkt
- Parken auf Geh- oder Radweg mit Unfallfolge - 100 Euro + 1 Punkt
- Parken auf Geh- oder Radweg über eine Stunde - 70 Euro + 1 Punkt
- Parken auf Geh- oder Radweg über eine Stunde mit Behinderung - 80 Euro + 1 Punkt
- Parken vor oder in einer amtlich gekennzeichneten Feuerwehrzufahrt mit Behinderung eines Einsatzfahrzeugs - 100 Euro + 1 Punkt
Sollte bei einem solchen Vergehen kein Fahrer ermittelt werden können, so dürfen auch in diesen Fällen nur die Verfahrenskosten eingefordert werden. In diesem Fall kommt der tatsächliche Fahrer deutlich günstiger und ohne Punkte davon, wenn der Halter ihn nicht verrät. Bei einer solchen Schwere des Verstoßes ist es jedoch möglich, dass bereits nach dem ersten Verstoß ein Fahrtenbuch angeordnet wird. In diesem Fall müssten zukünftig alle Fahrten mitsamt jeweiligem Fahrer dokumentiert werden.
Warum die Verfahrenskosten weiterhin Haltersache bleiben
Auch wenn das Bundesverfassungsgericht klare Grenzen für die Halterhaftung bei Parkverstößen gezogen hat, bleiben die Verfahrenskosten weiterhin in der Verantwortung des Halters. Dies liegt daran, dass die Verwaltungskosten für die Bearbeitung und die vergebliche Ermittlung des Fahrers nicht dem Staat oder der Allgemeinheit aufgebürdet werden sollen. Der Halter trägt als Eigentümer des Fahrzeugs eine Mitverantwortung für den richtigen Einsatz, auch wenn er nicht selbst gefahren ist.
Während die Verfahrenskosten im Normalfall nicht mehr als 20 bis 30 Euro betragen, soll dieser Ansatz dennoch zur Mitwirkung ermuntern. Schließlich wird das Verfahren deutlich transparenter und lässt sich zudem schneller abwickeln, wenn der Fahrer für seinen Verstoß zur Rechenschaft gezogen werden kann. Dass hierfür jedoch weiterhin Ermittlungen notwendig sind, zeigt das aktuelle BVerfG-Urteil.
Die weiterführenden Auswirkungen des BVerfG-Urteils
Für die meist ohnehin überlasteten Behörden wird es schwieriger, Parkverstöße zu ahnden. Vor allem im geringen Verwarngeldbereich dürften die Mühen und der Personalaufwand zu diesem Zweck weiter überschaubar bleiben. Am grundsätzlichen Prinzip der Fahrerermittlung ändert sich mit der neuen Entscheidung nichts - lediglich die Unschuldsvermutung des Fahrzeughalters wurde hierbei gestärkt. Anders als im öffentlichen Raum könnte es bei privaten Parkflächen jedoch zu Umstellungen kommen.
Da die Möglichkeiten zur Ermittlung des tatsächlichen Fahrers beschränkt sind, könnte der Einspruch gegen die Zahlungsaufforderung von privater Seite erfolgreich sein. Auch hier gilt es für die Zukunft jedoch gerichtlich zu prüfen, inwiefern die Parkplatzbetreiber ihre Kosten für die Halterermittlung an den Halter weiterleiten dürfen. Die Nähe zu den staatlichen Verfahrenskosten ist durchaus vorhanden.
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